Vom Unergründbaren zurück zu Stromkreisen: Ein Ausflug zurück ins Detail mit dem ENS-Schülerlabor für nachhaltige Energien

„Ich habe die Kraft entdeckt, die die Welt bewegen kann“, sprach Alessandro Volta, einer der prägendsten Physiker in der Welt der Elektrotechnik, als er im späten 18ten Jahrhundert den Grundstein für die Elektrizitätslehre legte. Es war nicht nur eine laufende Batterie, die er ins Leben rief, auch nicht nur der erste Stromkreis, mit dem er Glühbirnen zum Leuchten brachte. Es war seine Erkenntnis - dass die Elektrizität, mit der er damals die Wissenschaft begeisterte, als fundamentale Kraft nicht nur eine technische, sondern sogar eine gesellschaftliche Revolution hervorrufen würde – die unsere Realität bewegte.
Doch wer wäre der wissbegierige Mensch, wenn die Geschichte damals schon ihr Ende genommen hätte? Bereits ab Mitte des 19. Jahrhunderts begannen Physiker wie Maxwell und andere, komplexe Phänomene wie Elektromagnetismus, Wärme und Licht mathematisch zu beschreiben – oft bevor die Experimente vollständig durchgeführt oder überhaupt verstanden wurden. Und ehe wir uns versahen, war plötzlich die Rede von Quantenmechanik, der Entstehung des Universums und nun von Technologien, die unser Denken ersetzen könnten. Die „Theorie“ scheint autonomer und mit uns Menschen, die sie ins Leben riefen, zu konkurrieren.

Heute ist Energie tatsächlich die Kraft, die unsere Welt bewegt – Doch was hat uns das gekostet? Alles, was wir jemals errichteten, stellt nicht nur für unsere Umwelt, sondern auch für uns momentan die größte Bedrohung dar. Doch zu diesem Detail brachte uns – vier ambitionierten Schülern aus dem W-Seminar für Nachhaltige Technologien und dem Physik-Leistungskurs (beide MaBr) am Werner-Heisenberg-Gymnasium Garching - das neueröffnete Schülerlabor an der TUM für nachhaltige Energiesysteme. Auf Einladung des ENS (Lehrstuhl für Erneuerbare und nachhaltige Energiesysteme) wurde uns die Ehre zuteil als eine der ersten Schülergruppen genau dieses ausfindig zu machen, denn nicht nur brauchen wir unbedingt den Ausbau neuer Möglichkeiten der Energieversorgung, sondern vor allem die Fähigkeit, unsere Welt technologisch so auszubauen, dass jeder einzelne Mensch gleichermaßen davon profitiert. Wir hatten mehr als nur das Vergnügen, dem einprägsamen Vortrag von Prof. Hamacher zuzuhören und lediglich über den Inhalt zu reflektieren – denn am Tag der Eröffnung gebührte es uns, den klaren Zielsatz des Schülerlabors auch noch zu erleben: Wir wurden zur Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis, zwischen Idee und Machbarkeit, und zu Zeugen der Möglichkeit, die nun auch den folgenden Schülergruppen bereitstehen wird. Wir durften die Idee eines Kompetenzfeldes erleben, das weder durch KI ersetzt werden kann, noch die Theorie vollständig ablösen soll.

Gleich danach berichtete uns der Klaus-von-Kitzing-Preisträger und MINT-Lehrer Stephan Baur von den mobilen Workshops, die er zu Schülergruppen nach Nepal brachte, und die Kinder darin unterrichtete, ihre ganz eigenen kleinen Windkraftanlagen aus 3D-gedruckten Einzelteilen zu errichten. Hilfe zur Selbsthilfe wurde zu Lehren zum Selbstlehren – und wer dieses Sprichwort schon kannte, kann sich dennoch bei weitem nicht vorstellen, was diese Chance bei Menschen ohne Expertise, aber mit großem Interesse, bewirken konnte.

ENS-Besuch_2

Das Unwahrscheinliche möglich machen und dabei ein festes Ziel vor Augen haben: Wie schaffen wir eine faire und nachhaltige Umwelt für alle? Und das ENS an der Technischen Universität München sah Potential darin, die nächsten Generationen für genau diese Fragestellung zu begeistern. Wie? Mit einem Föhn und einer Kaffeemaschine. Doch dieses Mal lohnt es sich, den Blick aus dem Detail zurück auf das große Ganze zu heben – denn wir bewegten uns in eine von einem Studenten-Team selbsterrichtete Haushaltssimulation. Ein Raum, der vollständig ausgebaut wurde und aus selbst angeschlossenen Solarzellen Strom bezieht. Mit einem von ihnen errichteten System wurden wir nicht nur vom Lärm eines angeschalteten Föhns überwältigt, sondern betrachteten dank Ladeplugs an jeder Steckdose dazu Echtzeit-Ladekurven. Und obwohl das Anschalten von Haushaltsgeräten zunächst recht benal klingt, ist der beste Weg, etwas zu lernen immer noch, es zu tun. Gerade nach dieser Feststellung begaben wir uns schließlich zu Workshops, an denen wir aktiv experimentieren konnten und unsere eigenen Kompetenzen zwischen Wissen und Handwerk entwickelten. Auch wenn ein veganes Buffet zum Abklang der Führung zum wahren Eroberer der Besucherherzen wurde, konnten natürlich auch kleine Bausätze mit Mini-Solarzellen als Energiequelle sowie Wind- und Wasserkraftanlagen „Jung“ und „weniger-Jung“ begeistern. Eifrig schlossen wir unsere eigenen Stromkreise und experimentierten mit Winkeln, Leitern sowie veganen Brownie-Krümeln an den Workshop Tischen herum, bis sich der Tag schließlich seinem Ende neigte.

Es steht völlig außer Frage, ob Energie essenziell für uns ist, denn die wahre Frage verbirgt sich dahinter, wie wir sie nachhaltig und fair sowohl nutzen als auch beziehen können – und genau diese Frage versucht das neueröffnete Schülerlabor für nachhaltige Energiesysteme schon jungen Wissenschaftlern näherzubringen. Dieses Projekt schafft es nicht nur, die Relevanz der eigentlichen Praxis zu begeistern, sondern brachte uns alle zurück ins wesentliche Detail, das uns momentan noch von einer erfolgreichen Umsetzung fernhält: Eine neue Kompetenz zwischen Theorie und Handwerk. Vielleicht werden irgendwann auch Sie Teil dieser Reise, schließlich wird ja „Nichts Großes jemals ohne Ausdauer erreicht“. – Alessandro Volta

Tamara Bobrov