Können wir Sterne einfangen?
Wie das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik Garching uns die Sterne vom Himmel holt
Blickten sie schon einmal nachts in den Himmel und wunderten sich, warum Sterne leuchten? Warum wir diese kleinen Lichtpünktchen am dunklen Himmel erkennen können, obwohl sie doch Lichtjahre von uns entfernt sind?
Kernfusion – sie gab es schon vor Jahrmilliarden, als im Universum die ersten Sterne entstanden – es ist die Erkenntnis, die mit Astrophysiker Arthur Stanley Eddingtons‘ Annahme entstand, dass Sterne ihre scheinbar unendliche Energie aus der Fusion von Wasserstoff- zu Heliumatomkernen beziehen, die die Fusionsforschung ins Leben rief. Seit jeher forschte die ganze Welt an einem Konzept, welches es uns ermöglicht, auf unserem Planeten eigene Sterne in Form von Fusionsreaktoren zu erbauen.
Mit „ganze Welt“ ist in diesem Fall sogar unser bescheidenes Städtchen Garching gemeint, welches entscheidende Beiträge zur Entwicklung von dem bis jetzt größten Projekt zur Forschung an nachhaltigen Energien geleistet hat – ITER. Im Laufe der Forschung an der Kernfusion und deren Umsetzung unter irdischen Bedingungen entwickelte das Max-Planck-Institut Garching, welches seinen Standort bis heute am Campus Garching hat, nämlich ein Element, das bis heute in jedem Reaktor Anwendung findet. Dieses Institut gestattete uns, Teilnehmern der Wissenschaftswoche Physik am Werner-Heisenberg-Gymnasium, am zweiten Tag unseres Programms, einen exklusiven Einblick in ihren Forschungsalltag. Angefangen mit einem Vortrag über den bisherigen Stand der Fusionsforschung, führte uns der erste Weg zu der Experimentieranlage ASDEX-Upgrade, welche bereits seit 1991 für die weltweite Forschung genutzt wird. Nicht nur wurden wir überwältigt von dem enormen Größenausmaß des Reaktors, sondern auch von massiven Metallplatten, Kränen und Reparaturen, die uns die Sicht auf das eigentliche Objekt versperrten – doch bekanntlich ist ja der Weg das eigentliche Ziel, weswegen die Teilhabe am Prozess womöglich sogar noch mehr Leben in die Expedition eingehaucht hat, als es ein lebloses Objekt getan hätte. Nach dem wortwörtlich umwerfenden Anblick begab sich unsere Gruppe in den „Computerraum“ des Geländes, an welchem alle Prozesse direkt verfolgt werden können. Dort überraschte unsere Gruppe eine womöglich noch viel unerwartetere Aussicht: Denn während sich die Kernfusion mit der Zukunft unserer Energieversorgung beschäftigt, fühlte sich dieser Bereich viel eher wie eine Zeitreise in die Vergangenheit an. Doch der äußere Schein trügt – was auf den ersten Blick wie die Computerräume der NASA vor 50 Jahren aussah, waren in Wirklichkeit erneuerte Computer in alten Gehäusen als eine Maßnahme, um an Aufwand und Kosten zu sparen. Im weiteren Verlauf der Führung lernten wir auch die Energiespeicher des Geländes in Form von Schwungrädern kennen – zwar nicht höchst effizient, dafür aber sehr langlebig. Und das wortwörtlich, denn die von Siemens erbauten Unikate arbeiten seit rund 40 Jahren und sorgen dafür, dass die Bewohner Münchens auch während der Versuche am ASDEX-Upgrade weiterhin Strom haben. Hätte das Max-Planck-Institut keine Energiespeicher, würde das Fehlen einer geeigneten Energie-Infrastruktur nämlich dafür sorgen, dass der Strom in halb München ausfällt. Im Laufe der Führung kamen damit aber nicht nur die eben genannte „Details“ zum Vorschein, sondern auch Einblicke, die der Führer unserer Führung selbst noch nicht erlebte, denn das Projekt befindet sich in einem permanenten Wandel und könnte womöglich bereits jetzt schon ganz anders aussehen, als wir es zu Gesicht bekamen.
2025 könnte das Projekt ITER (International Thermonuklear Experiment Reaktor) aus globaler Zusammenarbeit DER technologische Durchbruch sein, auf den die Welt seit Jahrzehnten wartet. Und wenn es so weit ist, wird das Max-Planck-Institut Garching mitverantwortlich gewesen sein, dass die Welt ihren ersten eigenen Stern schaffen konnte – bis dahin können sie das Max-Planck-Institut selber besuchen und den Fortschritt mit eigenen Augen bestaunen!
Tamara Bobrov, 11D