Wohin steuern die USA? Gemeinsame Diskussion am Gymnasium Ismaning
Knapp zwei Monate im Amt und jeden Tag eine neue Schlagzeile – US-Präsident Donald Trump polarisiert. Wie Trump es erneut ins Weiße Haus geschafft hat und was das für die Demokratie der USA bedeutet, zu diesen Fragen hat das W-Seminar am Gymnasium Ismaning Experten von LMU, Süddeutscher Zeitung und Universität Augsburg geladen.
Im ersten Teil der Veranstaltung, an dem Lehrer und Schüler der Gymnasien Unterföhring, Ismaning und Garching teilnahmen, reflektierte Dr. Schäfer von der LMU über den Wahlkampf:
Trump habe es geschafft, die Swing States für sich zu gewinnen, Kamala Harris hingegen hatte in einem wirtschaftlich nicht einfachen Umfeld – Stichwort Inflation – Schwierigkeiten, Wähler in dem Maße zu mobilisieren, wie Trump es tat.
Eine besondere Rolle habe das "Winner takes all"-Prinzip gespielt, nach dem in den allermeisten Bundesstaaten die Stimmen sämtlicher Wahlleute an denjenigen gehen, der in diesem Bundesstaat die meisten Wähler auf sich vereint. Deshalb sind für den Gesamtsieg besonders jene Staaten entscheidend, in denen die Präsidentschaftskandidaten auf Augenhöhe kämpfen, das Wahlergebnis also noch nicht vorhersehbar ist (Swing States). Trump hat es geschafft, besonders die Menschen in den Swing States für sich zu gewinnen, weil er es verstanden habe, sich die Unzufriedenheit der Menschen im Lande zunutze zu machen.
Nach einer kurzen Mittagspause ging es zum zweiten Programmpunkt des Tages: eine Podiumsdiskussion mit Herrn Klüver (SZ), Herrn Prof. Dr. Hochgeschwender (LMU) und Frau Dr. Vollmann (Uni Passau). Unter der Moderation der Schüler des W-Seminars diskutierten sie zur Person Trump, zu jüngsten Ereignissen unter seiner Präsidentschaft und der Entwicklung der Demokratie in den USA.
Trump, so die Meinung der Experten, pflege sein Image als Dealmaker, der wirtschaftlichen Profit für jedermann garantiert. Gerade vor dem Hintergrund einer hohen Inflation und somit steigender Lebenshaltungskosten in den USA u.a. in Folge der Corona-Pandemie habe dieses Bild bei vielen Wählern gezogen. Gleichzeitig lasse Trumps bisherige Bilanz eher das Gegenteil vermuten: Der S&P 500, der wichtigste Aktienindex der USA, ist seit seinem Allzeithoch im Februar um 10% gefallen – so stark wie seit der Corona-Pandemie nicht mehr.
Auch in der Außenpolitik sorgt Trump für Aufruhr: Am 28. Februar haben er und sein Vize JD Vance den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem möglicherweise inszenierten Schauspiel, in dem sie ihren Gast zurechtwiesen und ihm mangelnde Dankbarkeit unterstellten, aus dem Weißen Haus geworfen.
Die Folgen dieses Eklats sind weitreichend. In Europa stellt man sich die Frage nach der Bündnistreue der USA: Würde die Supermacht ihren NATO-Vertragspartnern im Kriegsfall tatsächlich beistehen? In der Podiumsdiskussion wurde die Frage aufgeworfen, ob Trump durch eine Annäherung an Russland nicht vielleicht seinen eigentlichen Gegner zu schwächen versuche: China.
Trotz aller politischer und wirtschaftlicher Turbulenzen waren sich die Experten im Großen und Ganzen einig: Das System der Checks and Balances in den USA stehe unter Druck wie nie in seiner Geschichte, für ein eindeutiges und abschließendes Urteil sei es aber zu früh. So seien Beschlüsse wie die Entscheidung des Supreme Courts, die Frage nach dem Recht auf Abtreibung an die Bundesstaaten zu überschreiben, nicht verfassungswidrig. Gleichzeitig werde das Verfassungsrecht herausgefordert z.B. durch die Maßnahmen von Trumps Sonderbeauftragten für Regierungseffizienz, Elon Musk, der ohne demokratisch legitimiertes Mandat u.a. das Bildungswesen auf den Kopf stellt. Die Zukunft des demokratischen Systems in den USA sei somit offen.
Sowohl nach dem Vortrag zu den Wahlen in den USA als auch nach der Podiumsdiskussion hatte das Publikum die Chance, Fragen zu stellen. Auch das WHG beteiligte sich rege.
Nils Schulte-Wien, Q12